Immobilieneigentümer hatten es in den letzten Monaten auch in der Metropolregion nicht einfach: Steigende Energiekosten, die Debatten um Heizsysteme und Dämmpflicht – all das konnte die Freude an den eigenen vier Wänden trüben. Bringt ein
Teilverkauf die Lösung? Von Stefan Burkhardt

ine Immobilie bindet nicht nur erhebliche Mengen an Kapital, die laufenden Kosten und der Instandhaltungsaufwand sind ebenso nicht zu unterschätzen. Die Stein gewordene Altersvorsorge kann zur Last werden, wenn nicht viel Geld bleibt, um den Ruhestand zu genießen, die eigene Familie zu unterstützen oder auch Pflegekosten zu bestreiten. Und dann fällt der Blick auf eine Anzeige, die einen Teilverkauf des Eigenheims anpreist.
Das Prinzip klingt attraktiv: Ein Gutachter bestimmt den Wert der Immobilie. Anschließend veräußert der Eigentümer bis zu 50 Prozent seiner Immobilie an ein Unternehmen. Zugleich erhält er durch einen entsprechenden Grundbucheintrag den lebenslangen Nießbrauch – das heißt Wohn- und Nutzungsrecht – zugesichert. Im Gegenzug erhält das kaufende Unternehmen ein jährlich zu entrichtendes Nutzungsentgelt, das sich als prozentualer Anteil der Teilkaufsumme errechnet. Oftmals ist für den Teilverkauf ein Mindestwert des Anteils, zum Beispiel 100 000 Euro, erforderlich.
Ein fiktives Beispiel: Anton Ehrenfried verkauft 50 Prozent seines Hauses an die Müller GmbH. Das Haus wird auf 500 000 Euro geschätzt. Herr Ehrenfried erhält 250 000 Euro. Als Nutzungsentgelt sind 5 Prozent festgelegt. Deshalb hat Herr Ehrenfried pro Monat 1042 Euro an die Müller GmbH zu zahlen (12 500 Euro : 12 Monate). Er kann nun aber seinen Lebensabend recht passabel bestreiten und zugleich weiterhin in seinem geliebten Haus wohnen. Oder es vermieten, wenn er zum Beispiel in ein Seniorenheim umziehen sollte.
Das klingt zunächst wie ein gutes Angebot. Allerdings gilt es, einen genaueren Blick auf die Details zu werfen. Oft ist zum Beispiel die Höhe des Nutzungsentgeltes nur auf einen bestimmten Zeitraum festgezurrt und soll dann „neu festgelegt“ werden. Die Erfahrung lehrt: Billiger wird es mit solchen Klauseln eher nicht. In unserem Beispiel hatten Herr Ehrenfried und die Müller GmbH zehn Jahre 5 Prozent vereinbart. Die Müller GmbH wird in diesem Zeitraum bereits 125 000 Euro an Nutzungsentgelten ein- nehmen. Setzt sie nach zehn Jahren für die kommende Dekade dann 7 Prozent fest, wird Herr Ehrenfried pro Monat 1458 Euro entrichten müssen. In 20 Jahren erwirtschaftet die Müller GmbH so 300 000 Euro an Nutzungsentgelten.
In manchen Prospekten heißt es darüber hinaus etwas blumig, dass der Nutznießer weiterhin nach Belieben sein ´Haus verschönern darf. Prosaischer formuliert bedeutet dies, dass die Aufwendungen für die Instandhaltung sowie laufende Kosten wie die Grundsteuer oft zu 100 Prozent durch den Teilverkäufer zu tragen sind. Dazu zählen zum Beispiel Heizungsaustausch und energetische Sanierung. Diese Aufwendungen sind auch von Herrn Ehrenfried zusätzlich zu den Nutzungsentgelten zu entrichten.

Entscheidet sich der Nutznießer später für einen Gesamtverkauf der Immobilie, wird oft ein sogenanntes Durchführungsentgelt (mitunter auch Abwicklungsvergütung oder Serviceentgelt genannt) fällig. Und das kann mit bis zu 5,5 Prozent des gesamten Verkaufserlöses happig werden. Wollte in unserem Beispiel Herr Ehrenfried seinen Anteil von 250 000 Euro verkaufen, wären von ihm bis zu 27 500 Euro (5,5 Prozent von 500 000 Euro) an die Müller GmbH zu entrichten. Kleine Randbemerkung: Ein solcher Verkauf kann mitunter nicht ganz freiwillig erfolgen. Ist ein Teilverkäufer nämlich nicht mehr in der Lage, das Nutzungsentgelt zu entrichten, drohen Räumungsklage und Zwangsversteigerung. Ähnliches kann bei der Insolvenz des Teilkäufers geschehen.
Steigert sich aber im Laufe der Zeit nicht auch der Wert einer Immobilie? „Im Prinzip ja“, kann man mit Radio Eriwan antworten. Denn diese Wertsteigerung ist auf dem Markt zunächst einmal nicht garantiert. Doch der Teilkäufer lässt sich oft Wertsicherungsklauseln von bis zu 17 Prozent zusichern, die ihm in jedem Fall zustehen. Nehmen wir an, Herr Ehrenfried entscheidet sich nach fünf Jahren, seinen Anteil zu verkaufen. Leider stagnierten die Immobilienpreise vollkommen und der Verkauf des Hauses bringt nur 500 000 Euro ein. Die Müller GmbH erhält davon jedoch 292 500 Euro (250 000 Euro + 17 Prozent). Herr Ehrenfried erhält nur 207 500 Euro. Und davon muss er ja auch noch das Durchführungsentgelt von 27 500 Euro begleichen.
Herrn Ehrenfried wird bei solchen Aussichten sicherlich schwindelig. Sollte er selbst oder sein Sohn dann nicht den teilverkauften Anteil zurückkaufen (Erben wird nämlich oft ein Vorkaufsrecht eingeräumt)? Leider wird auch umgekehrt kein Schuh daraus: In Falle eines Rückkaufes bringt der Teilkäufer oft ebenso die vereinbarte Wertsicherungsklauseln zuzüglich Durchführungsentgelt in Anschlag.
Rechnet man abschließend das Beispiel nochmals durch, so erhält Herr Ehrenfried beim Teilverkauf zunächst 250 000 Euro durch die Müller GmbH. Nach fünf Jahren hat er 62 500 Euro Nutzungsentgelt entrichtet. Entscheidet er sich nach fünf Jahren für einen Vollverkauf bei stagnierenden Immobilienpreisen, erhält er nochmals 207 500 Euro (42 500 gehen über die Wertsicherungsklausel an die Müller GmbH), muss d von aber 27 500 Euro Durchführungsentgelt begleichen. Unter dem Strich macht das stolze 132 500 Euro, die Herr Ehrenfried der Müller GmbH faktisch für einen Kredit von 250 000 Euro für fünf Jahre und den Verkauf seines Hauses zu zahlen hat. Zum Vergleich: Für ein entsprechendes Darlehen zu aktuell 4 Prozent wären in fünf Jahren 50 000 Euro fällig gewesen.

Nicht umsonst warnte die BaFin bereits vor dem Modell: „Ein Immobilien-Teilverkauf ist für Haus- oder Wohnungseigentümer selten die beste Lösung“, erklärte Thorsten Pötzsch, BaFin-Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht und Asset-Management, im März dieses Jahres. Ein Teilverkauf sei riskant und könne teuer werden. Mögen manche Angebote auch günstiger als das fiktive Beispiel der Müller GmbH sein, so gilt es doch mit spitzem Bleistift und Adlerauge zu rechnen. Außerdem sollte man Rat einholen, ob sich nicht eher Alternativen lohnen: Klassischer Verkauf des Hauses (eventuell mit Wohnrecht), Leibrente oder Immobilienrente beziehungsweise Umkehrhypothek.

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