Das Mannheimer Unternehmen BitterPower GmbH ist längst kein Geheimtipp mehr: Mit natürlichen Nahrungsergänzungsmitteln der Marke BitterLiebe erobert es inzwischen sogar den US-amerikanischen Markt. CEO und Co-Founder Andre Sierek erzählt von Höhen und Tiefen, mutigen Entscheidungen und der Unternehmensvision.

Katja Bauroth ist seit über 30 Jahren im Journalismus unterwegs.

Das grafische Herzsymbol aus zwei stilisierten Blättern mit der modernen Schreibschrift „BitterLiebe“ leuchtet in Grüntönen im Fenster des Unternehmenssitzes in der Augustaanlage in Mannheim. Das Logo greift das zentrale Markenmotiv der Natürlichkeit und Pflanzenkraft auf. Was 2018 mit einer kleinen Produktion von 600 Fläschchen in der heimischen Küche begann, ist heute ein wachsendes Unternehmen mit knapp 50 Mitarbeitenden, internationaler Ausrichtung sowie einem zweistelligen Millionen-Umsatz: BitterLiebe aus Mannheim hat es geschafft, das Thema natürliche Bitterstoffe aus einer fast vergessenen Nische in den Massenmarkt zu bringen.

Spätestens seit dem Fernsehdebüt in der VOX-Erfolgssendung „Die Höhle der Löwen“ sind die Gründer Andre Sierek und Jan Stratmann samt ihrem Produkt bestens bekannt und – wortwörtlich – in fast aller Munde. Hinter BitterLiebe stecken Nahrungsergänzungsmittel mit natürlichen Bitterstoffen, die aus Kräutern und Pflanzen gewonnen werden. Die Produkte gibt es in verschiedenen Formen wie Tropfen, Kapseln und Pulver. Sie sollen den Körper an den Bittergeschmack gewöhnen, der durch moderne Ernährungsgewohnheiten oft vernachlässigt wird, und können helfen, den Appetit auf Süßes zu reduzieren. Außerdem gelten sie als Verdauungshelfer nach dem Essen, was wiederum das Wohlbefinden steigert.

Ein Name, der erst zum Glücksfall wurde

„Die Höhle der Löwen“ hat für BitterLiebe 2019 alles verändert. „Mittlerweile dürfen wir das erzählen“, leitet Andre Sierek ein. Denn vor dem großen TV-Debüt stand das Team vor einer unerwarteten Herausforderung: „An dem Tag, an dem der Anruf kam, dass wir in vier Wochen vor den ,Löwen‘ pitchen dürfen, haben wir ein Anwaltsschreiben bekommen, dass wir nicht ‚Magenfreude‘ heißen dürfen“, erinnert sich der 32-Jährige an die Unzulänglichkeiten rund um den Ursprungsnamen. Begründung im Anwaltsschreiben: Der Name mache eine unzulässige Gesundheitsaussage. Innerhalb von nur vier Wochen musste kurzerhand das komplette Branding umgestellt werden. Sierek: „Am Tag unseres Auftritts in der ‚Höhle‘ hatten wir das erste Mal unser neues Etikett ‚BitterLiebe‘ auf den Fläschchen mit den Originaltropfen. Das war ein sehr emotionaler Moment, eine echte Achterbahnfahrt.“ Rückblickend hat sich die schnelle Umbenennung als Glücksgriff erwiesen: „BitterLiebe ist ein viel besserer Name, der uns viele Türen geöffnet und eine starke Wiedererkennung im Markt geschaffen hat.“

Höhle der Löwen: Alles auf eine Karte

Der Pitch bei „Der Höhle der Löwen“ katapultierte BitterLiebe in eine neue Unternehmensdimension: „Wir haben in der Sendung mehrere Angebote bekommen und uns für Judith Williams entschieden“, erzählt Andre Sierek von der „Löwenpower“ der Investorin, die zu den erfolgreichsten Unternehmerinnen Deutschlands gehört. Sie hat die Mannheimer bis 2023 mit nach vorne gebracht, dann ihre Anteile verkauft.

Powerteam: Jan Stratmann und Andre Sierek wollen mit ihren BitterLiebe-Tropfen den US-Markt erobern. Bild: BitterPower

Powerteam: Jan Stratmann und Andre Sierek wollen mit ihren BitterLiebe-Tropfen den US-Markt erobern. Bilder: BitterPower

Das ist die Sonnenseite, die draußen wahrgenommen wird. Doch dahinter steckt eine Menge Einsatz, Mut und Risiko der beiden jungen Gründer. Sierek: „Die Vorbereitung auf die Sendung dauerte ein halbes Jahr, in dem wir Prozesse optimiert, Mitarbeiter eingestellt und Verhandlungen geführt haben, unter anderem mit unserem Lohnhersteller. Wir mussten ja gewährleisten, dass nach der Ausstrahlung der Sendung ausreichend Produkte vorhanden sind.“ Sprich: Statt 5.000 Tropfen orderte BitterLiebe 300.000. „Und das mussten wir vorher bezahlen.“ Der finanzielle Einsatz war enorm: „Jan und ich haben Mitte 20 jeweils eine halbe Million Euro Privatbürgschaft unterschrieben – das war alles andere als ein spaßiges Event. Wenn es nicht funktioniert hätte, wären wir privat insolvent gewesen.“ Der Mut zahlte sich aus: Der Erfolg öffnete Türen, zum Beispiel zur Drogeriekette dm, die anfangs skeptisch war gegenüber dem Bitterstoffprodukt. Sierek: „dm hatte am Anfang große Skepsis gegenüber Bitterstoffen, aber heute sind wir im Bereich Verdauung mit einem großen Abstand Marktführer in den deutschen Drogerien.“

Vom Familienfund zur Markenidee

Wie kam es eigentlich zur Idee zu BitterLiebe? „Jan und ich kennen uns über unsere heutigen Ehefrauen, die wiederum Schwestern sind. Unsere Schwiegermutter ist Heilpraktikerin, und auf Familienfeiern gab es nach dem Essen – als Verdauungshilfe – eine geschmacklich furchtbare Bittertinktur in einer Flasche mit hässlichem Etikett. Die Tinktur hat aber tatsächlich geholfen. Da dachten wir, das könnte man moderner machen.“ So begann die Reise mit einer kleinen Produktion und einem selbstfinanzierten Startkapital von nur 6.000 Euro. „Wir waren schnell ausverkauft und wuchsen durch gezielte Facebook-Werbung.“ Doch schnell wurde klar: „Wir brauchen Unterstützung. Matthias Storch und Marc Langner von der Good Brands AG aus Mannheim sind damals als Investoren mit eingestiegen und haben uns geholfen, die nächsten Schritte zu gehen“, erzählt Andre Sierek von den regionalen Unterstützern.

Fokus auf Qualität und Forschung

BitterLiebe setzte dabei von Anfang an auf Qualität und wissenschaftliche Absicherung: „Wir sind die einzigen weltweit, die eine eigene Studie für Bitterstofftropfen in Auftrag gegeben haben. Das hat sechsstellige Summen gekostet, aber es ist unser langfristiges Investment, um Glaubwürdigkeit zu schaffen“, erzählt der Gründer. Die Produktpalette wurde über die Jahre gezielt erweitert, dabei behalten die Unternehmer den Fokus auf den Kernbereichen Verdauung, Stoffwechsel und Darmgesundheit. Sierek: „Gesundheit beginnt im Darm – das ist eines meiner Lieblingsthemen.“ Aktuell testet Bitterliebe auch Basisprodukte wie Magnesium und Vitamin D, möchte aber künftig weiter auf wenige, hochqualitative Produkte im Bereich der Darmgesundheit setzen. „Dabei investieren wir langfristig, geben Unsummen aus für Studien aus, die die Wirkung unserer Produkte belegen“, erklärt der CEO die grundlegende Strategie.

Trotz des Umsatzwachstums fühlt sich das Unternehmen noch als Startup oder Scaleup, denn die Branche ist schnelllebig und verändert sich ständig. „Wenn wir jeden Tag das machen würden, was wir gestern gemacht haben, wird es uns in fünf Jahren wahrscheinlich nicht mehr geben“, zeigt Andre Sierek auf. Das Team umfasst mittlerweile 50 Mitarbeiter, der Großteil ist dabei im Marketing angesiedelt. „Unsere Stärke ist die Marke, die wir immer bekannter machen müssen, damit Kunden unsere Produkte kaufen und nicht die von Nachahmern.“ Denn: Rezepturen lassen sich nicht patentieren, mit BitterLiebe wuchs auch die Konkurrenz am Markt.

Internationaler Vorstoß: Großes Potenzial in den USA

Nach Tests in europäischen Ländern hat sich BitterLiebe nun auf den Weg gemacht, den US-Markt zu erobern: „Europa ist kompliziert, weil man für jedes Land eigene Zulassungen braucht. In den USA erreichen wir mit einer Anmeldung so viele Menschen wie mit 25 in Europa“, verdeutlicht Sierek. Seit kurzem sind BitterLiebe-Produkte unter anderem online bei Walmart gelistet, einem der größten Einzelhändler der Welt. „Wir versuchen erst einmal, die Plattform zu verstehen, Erfahrungen zu sammeln und die Marke zu etablieren.“ Eine stationäre Listung ist das große Ziel. Der Markteintritt erfolgt zuerst mit dem Klassiker, den Originaltropfen, auch wenn es einige regulatorische Herausforderungen gibt. Auch denken die Mannheimer über eine Dependance samt Geschäftsführung in den USA nach.

Auch bei der Finanzierung und Professionalisierung verfolgt BitterPower eine klare Linie: Nach „Löwen“-Investorin Judith Williams kamen Private-Equity-Firmen aus München und Brüssel ins Boot, die das Wachstum und die Internationalisierung unterstützen. „Wir wollen ein Unternehmen aufbauen, das auch ohne uns Gründer funktioniert, denn wir sind Unternehmer, keine Manager“, verdeutlicht Andre Sierek und ergänzt: „Der Fokus liegt darauf, Strukturen zu schaffen, die langfristiges Wachstum sichern.“

Achterbahnfahrt mit klarer Vision

So klar sich der Weg von Jan Stratmann und Andre Sierek auch darstellt, so ehrlich sagen beide auch: „Die letzten sieben Jahre waren eine Achterbahnfahrt mit viel harter Arbeit, unzähligen emotionalen Tiefs und großen Erfolgen.“ Trotz des Erfolgs bleiben die Gründer bodenständig. „Wir wissen, dass vieles schiefgehen kann“, so Sierek, „aber wir hatten auch viel Glück und waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und Risiken zu tragen.“

Die Vision für die BitterPower GmbH und die Marke BitterLiebe ist klar – Andre Sierek: „In Zukunft wollen wir ein Unternehmen mit über 100 Millionen Euro Jahresumsatz sein – dann haben wir die Größe und Stärke, um dauerhaft am Markt zu bestehen.“

Zur Person:

Andre Sierek


Andre Sierek
(32) absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Deutschen Bahn und dann ein Studium in Corporate Finance an der Hochschule in Ludwigshafen. Früh entdeckte er seine Leidenschaft für unternehmerische Freiheit und probierte sich in verschiedenen Geschäftsideen aus – vom Verkauf von Bierpongtischen bis hin zur Entwicklung der erfolgreichen Social-App Spotted. 2018 gründete er gemeinsam mit Jan Stratmann die BitterPower GmbH. Als CEO verantwortet er heute die strategische Entwicklung und das Marketing des Unternehmens. Sierek ist auch als Mentor und Investor (zum Beispiel beim regionalen Startup Beedrop) tätig und gilt als pragmatischer Förderer der Gründerszene in Mannheim.​

Zur Person:

Jan Stratmann


Jan Stratmann
(31), Mitbegründer von BitterPower, entwickelte über 90 Rezepturen, bevor die finale Mischung der Originaltropfen von BitterLiebe marktreif wurde. Im Unternehmen kümmert er sich um das operative Geschäft und die Produktentwicklung. Stratmann ist überzeugt vom gesundheitlichen Nutzen pflanzlicher Bitterstoffe und sieht in ihnen eine zeitgemäße Antwort auf die stark zuckerorientierte Ernährung vieler Menschen. Seine Vision ist es, BitterLiebe als Synonym für Bitterstoffprodukte zu etablieren – ähnlich wie „Tempo“ für Taschentücher.​

Mehr Artikel gibt es hier