St. Leon-Rot ist eine ländlich geprägte, prosperierende 14 000-Einwohner-Gemeinde, die durch ihre Wirtschaftskraft und ihren Freizeitwert besticht. Sie ging vor 50 Jahren aus der Fusion von St. Leon und Rot hervor. Ab Ende des 19. Jahrhunderts bestimmten Spargel- und Tabakanbau das Leben vieler Familien, doch mit dem „Wirtschaftswunder“ in der Bundesrepublik wurde klarer, dass nicht nur in den Städten Mannheim, Heidelberg und Karlsruhe, sondern gerade auf den badischen Feldern der Strukturwandel einsetzt.
In der „Spargelgemeinde“ sind es zwei Zäsuren, die das Wirtschafts- und Alltagsleben maßgeblich verändern. 1962 siedelte die Firma Kolbenschmidt, eine Tochter der Metallgesellschaft AG Frankfurt, im Gewann „Stegerfeld“ an. Eine Übereinkunft: Die Kommune stellte der Metallgesellschaft eine Landreserve von 77 Hektar bereit, damit war der Grundstein für den Gewerbepark gesetzt. Später gründen Metallgesellschaft und Gemeinde gemeinsam eine „Erschließungs- und Vermarktungs-GmbH“ (heute „Kommunale Wohnungsbaugesellschaft“). 1990 fasst der Gemeinderat der am 1. Januar 1974 fusionierten Einheitsgemeinde den Beschluss, die Fläche zur Ansiedlung von Gewerbe und Industrie zu nutzen.
1995 gerät die Metallgesellschaft AG wegen des Ölgeschäfts in Finanznöte, verkauft den Besitz von 35 Hektar an die Gemeinde. Parallel dazu möchte sich der Walldorfer Softwarekonzern SAP vergrößern. „Ich erinnere mich noch gut, dass wir mit der SAP expandieren wollten, zum damaligen Zeitpunkt das dafür notwendige Flächenangebot in Walldorf aber begrenzt beziehungsweise nicht vorhanden war“, berichtet SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp (83) econo, „wir brauchten ein Rechenzentrum und wollten weitere Arbeitsplätze schaffen. Da war die Lösung St. Leon-Rot für uns ideal, da wir dort alles vorfanden, was wir benötigten – und das in unmittelbarer Nähe zu Walldorf. Noch heute gibt es den damals eigens eingerichteten Shuttle-Service.“
Der Gewerbepark wird zum richtigen Zeitpunkt umgesetzt. „Die Ansiedlung von SAP war ein riesiger Glücksfall für die Gemeinde“, sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Udo Back (49), kurz nach der Fusion der Teilorte geboren, „doch seit jeher wird auf Ausgewogenheit zwischen Industrie und Naturflächen geachtet. Wir verstehen uns immer noch als ländliche Gemeinde, was nicht heißt, dass wir zu High-Tech-Firmen nein sagen.“ Wie so viele „St. Leon-Roter“ weiß der Ex-Fußballer des FC Rot, dass es dreier Initiatoren und Visionäre bedurfte, um die günstigen Standortfaktoren zu optimieren. Ex-Bürgermeister Helmut Martin, 2021 verstorben, der einstige Beigeordnete, Kämmerer und Bürgermeister-Stellvertreter Anton Kremer, 2007 in den Ruhestand verabschiedet, trafen Mitte der 90er Jahre mit investitionsfreudigen Unternehmer Dietmar Hopp weitsichtige Entscheidungen. Das Trio wird später zu Ehrenbürgern ernannt.

Der Gewerbepark von oben: Ein breites Spektrum an Firmen, insgesamt 130 verschiedene Gewerbe, befindet sich auf dem Areal.

„Der Gewerbepark und ganz besonders die SAP AG geben unserer Gemeinde seit vielen Jahren ein solides finanzielles Fundament“, erklärt Bürgermeister Dr. Alexander Eger, seit 1998 im Amt, „viele Projekte wären ohne die Steuereinnahmen aus diesem Bereich nicht möglich gewesen. Wir haben als Gemeinde die Infrastruktur für Arbeitsplätze geschaffen, von denen die ganze Region profitiert.“ St. Leon-Rot ist nicht so vermögend wie die Astorstadt Walldorf, doch sie gilt als Gebergemeinde und zahlt in einen Umlage-Topf ein. Mindestens zwei Drittel und bis zu 80 Prozent der Gewerbesteuer fließen an andere. Davon profitieren wiederum all jene Gemeinden im Rhein-Neckar-Kreis, die nicht so finanzstark sind und weniger Kreisumlage zahlen können.
Der Ausbau des Gewerbeparks ermöglicht große Sprünge. Seit 1995 errichtet SAP diverse Gebäude: Logistikcenter mit Druckerei, Versand und Lager, Servicecenter mit interner Schulungsacademy, Büros, Hauptgeschäftsstelle, Aula, Kantine, Rechenzentrum, ein Office in Modulbauweise, Parkhäuser sowie ergänzende Einrichtungen wie etwa die Kindertagesstätte „Haus der kleinen Füße“ (2011), die von der ebenfalls im Gewerbepark ansässigen Dietmar Hopp Stiftung gefördert wird. Die mittlerweile über 4000 SAP-Mitarbeiter am Walldorfer „Bruder-Standort“ St. Leon-Rot sollen sich rundum wohlfühlen.
Die Anziehungskraft des DAX-Unternehmens SAP ist unstrittig. Freilich entsteht im Laufe der Zeit ein breites Spektrum an Firmen. Laut Amtsleiter Kämmerei Ludwig Kudis sind es heute 130 verschiedene Gewerbe und 30 Wohneinheiten im Gewerbepark. Angefangen von SAP, KS Gleitlager, Nussbaum Medien, Photovoltaik-Experten, Maschinenhersteller, über Businesspark, Wertstoffverwertung, Handwerker, Dienstleister, Autohäuser, Web- und Designer-Agenturen, Sport- und Gesundheitscenter, Kindergärten, Getränkehändler, Bäckerei, Imbissbuden, Restaurants, Hotels bis hin zu Personaltrainern und der Hundepension „HUNDHERUM“. Tagsüber mutiert der Gewerbepark zum „Wohnzimmer“ in Büronähe.

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Gewerbepark in Zahlen

Erste Ansiedlung: 1962 durch die Firma Kolbenschmidt, Metallgesellschaft AG Frankfurt.
1974: Gemeindefusion am 1. Januar von St. Leon und Rot.
1990: Der Gemeinderat beschließt, die Fläche zur Ansiedlung von Gewerbe und Industrie zu nutzen und somit den Flächennutzungsplan von 1982 umzusetzen. Die „Erschließungs- und Vermarktungs-GmbH“ wird gegründet.
1995: Die Kommune übernimmt die Anteile der Metallgesellschaft (35 Hektar Gewerbefläche, 42 Werkswohnungen).
1995: Die SAP bezieht ihr erstes Gebäude im Gewerbepark.
1997: Einweihung des Golf Clubs
St. Leon-Rot.
1998: Spatenstich für das SAP-Servicecenter mit Schulungsgebäude für 450 Teilnehmer und insgesamt 1.100 Arbeitsplätzen für SAP-Mitarbeiter.
2008/2009: Ausbau der
Umgehungsstraßen.
2024: Anzahl der verschiedenen Gewerbe 130, Wohneinheiten 30.
Größe des Gewerbeparks: Derzeit 62 Hektar. Über eine Erweiterungsfläche von weiteren 15 Hektar wird seitens der Kommune bereits nachgedacht. jog

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Viele der Park-Community haben Grundstücke und Häuser erworben oder Mietwohnungen bezogen. Die Gemeinde erschließt mehrere Baugebiete, verlegt mal eine Hochspannungsleitung wie im „Oberfeld“. Als vor gut zehn Jahren der Abzug von 1000 Angehörigen der US-Streitkräfte, die in St. Leon-Rot wohnhaft waren, hinzukommt, wird zusätzlicher Wohnraum frei. Inzwischen sind die Preise enorm geklettert und Grundstücke rar gesät. Seit Kurzem werden das neueste Gebiet „Oberfeld“ bebaut und 39 Grundstücke nach einem Punktesystem vergeben. Wohnen, Arbeiten, soziales Engagement – dieses Sinngefüge wird wertgeschätzt. Das Freizeitangebot ist mannigfaltig: Über 80 ortsansässige Vereine prägen die seit 1. Januar 1974 verbundene Kommune. Der St. Leoner See, der Lußhardtsee, die Renaturierung des Kraichbachs, das Waldgebiet am Kehrgraben –die Gemeinde wird eingerahmt von Naherholungsgebieten.
Aus der Vogelperspektive fällt der Blick auf das 200 Hektar große Gelände des preisgekrönten Golf Clubs. Die seit 1997 bespielbare Anlage, vom britischen Architekten Dave Thomas konzipiert und mit dem ersten von Dietmar Hopp (bestes Handicap 8,2/2005) geschlagenen Ball eingeweiht, versinnbildlicht die Synthese zwischen Golfsport und Naturschutz am Parkrand. „Der Golf Club St. Leon-Rot schafft ein positives Gemeindeimage weit über die Gemarkungsgrenze hinaus“, so Bürgermeister Dr. Eger. St. Leon-Rot wird als Gewerbe-, Industrie- und SAP-Standort weltweit bekannt, aber eben gleichermaßen durch die Abschläge und das Einlochen von Tiger Woods, Ernie Els, Sandra Gal, Caroline Masson, Franz Beckenbauer sowie anderen Prominenten.
Dietmar Hopp sagt über die Win-win-Situation von Gewerbepark und Golfgelände gegenüber econo: „Die SAP wirbt weltweit um außergewöhnliche Talente, damit sie ihre herausragende Stellung als Unternehmen ausbauen kann. Um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, sind auch Förderprogramme und Freizeitangebote hilfreich. Der Golf Club hat von Anfang an dies alles angeboten. Viele Kinder von SAP-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern sind in der Talentförderung des Golf Clubs, die wiederum von meiner Stiftung unterstützt wird. Daneben gibt es eine Gruppe von knapp 200 SAP-Leuten, die dort ihren Betriebssport ausübt.“
Ferner sei der Golf Club von seiner Gründung an in wesentlichen Teilen öffentlich gewesen, das Restaurant könne beruflich wie privat genutzt werden, und als Naherholungsgebiet habe der Golf Club „mehr als sieben Kilometer Wander-, Spazier- und Reitwege zu bieten.“ Seit 1. Februar 2024 zelebriert Sterne-Koch Mario Koch (46), zuvor 17 Jahre lang im Heidelberger Gourmet-Tempel „Hirschgasse“ tätig, seine Kunst im Golf Club.
Im Park zum Arbeiten und Leben wird nichts dem Zufall überlassen. „Gemeinsam stark“ – hier handelten Dietmar Hopp, Helmut Martin und Anton Kremer, die „Architekten“ der Gemeinde, vorbildlich und zukunftsorientiert.

 

Text: Joachim Klaehn; Bilder: Golf Club St. Leon-Rot, Gemeinde St. Leon-Rot