Mehr Symbolik geht nicht: Wer mit dem Auto kam, steckte gleich in Ludwigshafen im Stau. Da brachte es nichts, auf dem Weg zur 5. Regionalkonferenz im Pfalzbau zu sein … Thema: Mobilitätswende. Eine Steilvorlage für Moderator Markus Brock: „Das ist die Rache, wenn man mit dem Auto zur Konferenz Mobilitätswende kommt.“ Die vielen Staus führten dazu, dass die Konferenz Mitte Mai eine Viertelstunde später begann. Hatten die Nutzer des ÖPNV bessere Karten? Nicht wirklich, denn einige Teilnehmer aus Mannheim berichteten: Züge kamen nicht pünktlich an, auch wenn es für die Konferenz kostenlose Fahrkarten gab.
Vor diesem Hintergrund erklären sich manche Ergebnisse, die bei Umfragen im Publikum ans Tageslicht kamen. Mit einem Online-Tool konnte jeder im Saal seine Stimme abgeben oder Fragen formulieren, die auf dem Podium beantwortet wurden. Die Teilnehmer nannten häufig die Themen: Zuverlässigkeit, Verlässlichkeit und Taktung – neben dem Preis! Das passte zu Kundenbefragungen, durchgeführt von der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv). Danach spielt die Verlässlichkeit des Angebots eine wichtigere Rolle als der Preis. Das hatten auch die Veranstalter erkannt – und einer Runde auf dem Podium den Titel „Attraktiver ÖPNV als Booster für die Mobilitätswende“ gegeben.
So einen „Booster“ will die baden-württembergische Landesregierung zünden, wie Elke Zimmer (Grüne) ankündigte. Die Staatssekretärin im Verkehrsministerium sprach über eine „Mobilitätsgarantie“, die ihre Regierung bis 2026 umsetzen könnte. Sie besteht aus zwei Elementen: ein 30-Minuten-Takt auf dem Land, ein 15-Minuten-Takt in der Stadt (5 Uhr bis 24 Uhr). Das Ziel: Die Fahrgastzahlen sollen sich bis 2030 verdoppeln. Allerdings seien dazu größere Zuschüsse des Bundes notwendig. Das Zauberwort in der Diskussion lautete „on demand“: Leistungen des ÖPNV sollen individuell buchbar werden. Das Land werde solche Modelle ab dem Sommer in 15 Regionen testen, so die Staatssekretärin. Denn: Eine gute Taktung werde der „Booster für die Verkehrswende“ sein.
Ein „on demand“-Angebot gibt es schon in Region: „fips“. Damit ergänzt der rnv das ÖPNV-Angebot für Mannheim. Ein Personen-Shuttle verbindet die Quartiere, die am Rand der Stadt liegen. Es handelt sich um Elektro-Fahrzeuge, die für Fahrten von der Haltestelle bis fast vor die Haustür zum Einsatz kommen. Der Clou: Die Routen-Wünsche mehrerer Fahrgäste werden gebündelt, abhängig von ähnlichen Strecken und Zielen. Das ist effizient, verringert den Individualverkehr und schützt das Klima. Denn die Elektrofahrzeuge sind mit 100 Prozent Ökostrom unterwegs. Bei einer Reichweite von über 400 Kilometern und bis zu fünf Plätzen für Fahrgäste.
Dennoch ist „fips“ ein individueller Service: Ein Fahrplan existiert nicht; die Fahrgäste nutzen den Shuttle-Dienst genau in dem Moment, wo sie ihn brauchen. Der Service „fips“ lässt sich zu bestimmten Zeiten und in ausgewählten Gebieten per App buchen. Allerdings auch mit dem Telefon, wenn Menschen kein Smartphone haben (0621/465-4444). Der neue Service verfügt über 2.500 virtuelle Haltepunkte, an denen Fahrgäste einsteigen können. Das bedeutet: Der Zusteigepunkt ist maximal 150 Meter vom wartenden Fahrgast entfernt. Auch Ältere oder Menschen mit Handicap können „fips“ leicht nutzen, was Trittstufen und elektrische Schiebetüren möglich machen. Im Kofferraum lassen sich Rollatoren, Einkäufe oder Kinderwagen verstauen. Kindersitze gibt es ebenfalls. Auf diese Weise erprobt der rnv bereits ein Konzept, das auf der Regionalkonferenz erst als Zukunftsmusik zu hören war.
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Wo „fips“ unterwegs ist
Der Service „fips“ kommt im Mannheimer Süden zum Einsatz, nämlich in den Stadtteilen Neckarau, Lindenhof, Almenhof, Niederfeld, Casterfeld, Mallau und Pfingstberg. Auch im Mannheimer Norden gibt es dieses Angebot, und zwar für die Stadtteile Blumenau, Gartenstadt, Sandhofen, Scharhof, Schönau, Waldhof, Franklin, Käfertal, Luzenberg, Straßenheim, Taylor und Vogelstang. In allen diesen Quartieren steht „fips“ von 5 Uhr bis 24 Uhr zur Verfügung. Außerdem gibt es den Service in Seckenheim, allerdings nur zwischen 20 Uhr und 24 Uhr.
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Noch ein paar Worte zur Konferenz: Der erste Tag fand als Präsenzveranstaltung statt, der zweite Tag wurde online organisiert. Das Branchentreffen gibt es abwechselnd in der Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) und der TechnologieRegion Karlsruhe (TRK). 500 Teilnehmer waren online aus der ganzen Welt dabei, rund 350 Gäste nahmen live an der Konferenz im Pfalzbau teil. Als Referenten sprachen u. a. Dr. Volker Wissing (Bundesminister für Digitales und Verkehr, Video), Jutta Steinruck (Oberbürgermeisterin Ludwigshafen), Elke Zimmer (Staatssekretärin im Ministerium für Verkehr, Baden-Württemberg), Michael Hauer (Staatssekretär im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität, Rheinland-Pfalz) sowie zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung.
Einer der vielen Höhepunkte war die Preisverleihung des „Future Mobility Award 2022“. Er ging an das Start-up Awake Mobility – und Gründer Daniel Tyoschitz erzählte econo, für welche interessante Innovation er den Preis entgegengenommen hat.
Ingo Leipner